Wenn es nach den Planungen von Senat und Bund geht, soll die Berliner Stadtautobahn A100, 17. Bauabschnitt, vom Treptower Park bis zur Storkower Straße / Landsberger Straße weiter ausgebaut werden.
Das würde u. a. bedeuten, dass die dreieckige geschützte Grünanlage neben den Bahngleisen der Ringbahn gegenüber vom Ringcenter 2 an der Frankfurter Allee und die langgezogene geschützte Grünanlage zwischen den Bahngleisen der Ringbahn und dem Grundstück Wilhelm-Guddorf-Straße 6 – 20 mit dem Fahrradweg verschwinden würden (siehe Lageplan).
Dort, wo es bis jetzt überhaupt keine Straße gibt, soll sich nach der Unterquerung des Ringbahngleises und des Gleises für ICE und Regio eine 4-spurige Stadtbahn erheben, den westlichen Teil des Wohnblockes Wilhelm-Guddorf-Straße in Höhe der 3. bis 4. Etage tangieren, dann die Frankfurter Allee in Hochlage queren und weiter parallel zur geschützten Grünanlage der Parkaue, vorbei an den Außenanlagen der Carl-von-Linné-Schule bis hin zur Storkower Straße verlaufen.
Die zwei Grünanlagen an den Bahngleisen beanspruchen eine Fläche von ca. 11.000 m² mit über 250 Bäumen (siehe Fotos). Ein Blick auf Google Earth genügt, um zu erkennen, dass sich hier eine grüne Oase inmitten des Häusermeeres befindet.
Diese Grünanlagen und der Fahrradweg sind Teil des „Grünen Bandes“ von der Gürtelstraße bis zum Nöldnerplatz und wurden im Rahmen des Urban II-Projektes ab 2002 neu gestaltet. Dieses Projekt wurde vom Europäischen Fond für Regionale Entwicklung (EFRE) mit Fördergeldern unterstützt. Über 740.000 € standen allein für den Grünzug FAS (Frankfurter Allee Süd) zur Verfügung, für das gesamte Projekt über 15 Mio €.
Ziel des Projektes war es, ausgewählte Gebiete wirtschaftlich und sozial zu beleben, die Aufenthaltsqualität und Akzeptanz von zentralen Plätzen zu verbessern und unter dem Motto „Barrieren überwinden“ durch Verknüpfung bisher isolierter Räume eine neue Qualität für das Wohnumfeld zu schaffen und somit eine nachhaltige Stadtentwicklung sicherzustellen.
Das ist auch wirklich gut gelungen.
Mit dem geschwungenen Weg für Fußgänger und Radfahrer wurde eine direkte Verbindung von der Gürtelstraße zur Schulze-Boysen-Straße hergestellt und der verwahrloste Vegetationsstreifen zwischen Wilhelm-Guddorf-Straße und der Bahntrasse in eine Parkanlage umgestaltet . Das Nachbarschaftshaus „Kiezspinne“ wurde gebaut, das sich zu einer lebhaften Stätte der Begegnung entwickelt hat. Wo früher ein großer Polizeiparkplatz war, entstand eine große Aktionsfläche mit Skateranlage und Streetballfeld, die stark frequentiert wird.
Viele Fahrradfahrer und Fußgänger bis hin zur Victoriastadt nutzen die grüne Verbindung zum S- und U-Bahnhof und zu den Einkaufszentren an der Frankfurter Allee.
Sollte aber die A100 tatsächlich weitergebaut werden, wird diese Verbindung wieder gekappt. Statt Barrieren zu überwinden werden neue Barrieren geschaffen. Die Aufenthaltsqualität an der Frankfurter Allee mit den Einkaufszentren wird sich massiv verschlechtern, der Wohnblock Wilhelm-Guddorf-Straße wird zu einer einzigen Lärmschutzwand. Die Wohnqualität wird dort in einem unerträglichen Maße leiden.
Aber auch der Stadtpark Lichtenberg, die Parkaue mit über 5,3 ha Fläche, 1907 angelegt, wird stark beeinflusst werden. Dieser Freizeit- und Erholungspark wird Bestand haben, aber einer massiven Lärm- und Feinstaubbelastung ausgesetzt sein. Ruhe und Erholung wird dort dann kaum noch jemand finden können. Die Carl-von-Linné-Schule mit über 300 Schülern wird auch betroffen sein. Teile der Außenanlagen werden weichen müssen.
Bis zu 50.000 Autos werden dann laut Prognose pro Tag dort langfahren, davon über 9 % LKW`s, die diese Verbindung als Transitstrecke nutzen werden.
Das alles muss verhindert werden. Auch die Lichtenberger Einwohner, die laut Einschätzung der Politiker nicht mehr zur Innenstadt gehören, haben ein Recht auf menschenwürdiges Wohnen und Leben. Deshalb muss dieses Wahnsinnsprojekt verhindert werden.
Andere Städte machen es uns vor, dass es auch anders geht. Statt Neubau Rückbau – siehe Soul und viele andere Städte. Die Berliner Politiker müssen erkennen, dass diese Entscheidung pro Weiterbau A100 unzeitgemäß und ein fataler Fehler ist. Schon jetzt denkt man z. B. im Großraum Stuttgart, der Automobilhochburg, über Fahrverbote nach. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch Berlin an die Grenzen des individuellen Autoverkehrs stoßen wird.